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Diese Industrieparks sind wegweisend in Sachen Kreislaufwirtschaft

24. September, 2020
VON The Explorer
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Unsplash

Industrieparks erleichtern es Unternehmen, ihre Ressourcen zu teilen. Jetzt nutzt Norwegen die Parks für Energie-Sharing, CO2-Lagerung und neue Firmen.

Produktionsunternehmen siedeln sich häufig in Industrieparks an, um durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur Kosten zu sparen und Umweltbelastungen zu reduzieren. In Norwegen bieten Industrieparks einen zusätzlichen Vorteil: den Zugang zum saubersten und billigsten Strom Europas – erzeugt aus norwegischer Wasserkraft.

Jetzt übernehmen norwegische Industrieparks auch eine führende Position als Inkubatoren für innovative Technologien und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Damit erleichtern sie es ihren Unternehmen nicht nur, Energie und Ressourcen der jeweils anderen Firmen im Industriepark zu nutzen. Sie bauen auch eine gemeinsame Wissensbasis auf, um klimafreundlichere Lösungen zu entwickeln und zu erproben.

Erfahren Sie hier, wie drei norwegische Industrieparks Lösungen für globale Probleme finden.

Mo Industrial Park: 400 GWh Abwärme zur weiteren Verwendung

Der Mo Industrial Park (MIP) ist einer der größten und ältesten Industrieparks Norwegens. Hier sind vor allem Metallurgie und Stahlproduktion angesiedelt. MIP engagiert sich für nachhaltige und zirkuläre Lösungen, die dazu beitragen, den weltweit wachsenden Bedarf an Metallen und Mineralien zu decken. Unter anderem beherbergt der Industriepark Norwegens größtes Recyclingzentrum für Stahlschrott.

In Mo werden die Unternehmen mit Strom aus regionalen Wasserkraftwerken versorgt. Das bringt vor allem für Firmen mit energieintensiver Fertigung wesentliche Vorteile gegenüber Metallurgiefirmen, die Strom aus Kohle oder Gas beziehen. Darüber hinaus realisiert der Industriepark ein umfassendes Programm zur Wiederverwendung von Energie, Nebenprodukten und Abfällen.

So verwendet zum Beispiel das im Industriepark angesiedelte Unternehmen Kvarøy Smolt AS, ehemals Ranfjord Fiskeprodukter AS, die überschüssige Wärme, die im Produktionsprozess des Ferrosiliciumherstellers Elkem anfällt, zur Herstellung von Zuchtanlagen für junge Lachse.

Die Abwärme von Elkem und das Kohlenstoffgas von Ferroglobe werden auch von anderen Unternehmen sowie zum Heizen von Haushalten und Büroräumen in der örtlichen Gemeinde genutzt. Auf diese Weise hat der Industriepark MIP bisher jährlich 400 GWh Energie weiterverwendet, die normalerweise ungenutzt blieben. Ab dem kommenden Jahr sollen es 620 GWh sein.

Auch bei Materialien beziehungsweise Metallen floriert die Kreislaufwirtschaft im Industriepark Mo. Die Firma Celsa verarbeitet hier bis zu 60 Prozent der in Norwegen anfallenden Altmetalle. Das entspricht einer Metallmenge von zwei Eiffeltürmen pro Woche. Celsa schmilzt diesen Schrott und stellt daraus Armierungsstahl her. Bei diesem Herstellungsprozess fällt beim Walzen Walzzunder als Abfallprodukt an, der bei Elkem wiederum zur Herstellung von Ferrosilizium verwendet wird.

Recyceltes Isolationsmaterial für Industrieheizungen wird an die norwegische Norwegian Refractory Company gesendet, die damit neue Produkte herstellt. Und der gesamte Metallstaub von Elkem und Celsa wird gesammelt und als Rohstoff an Betonhersteller und an Unternehmen der Verarbeitungsindustrie in Deutschland verkauft.

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Mongstad: Weltweit führend bei der Kohlenstoffabscheidung

Im Mongstad Industrial Park sind über 50 Unternehmen, vor allem aus den Bereichen Maritime Industrie und Offshore-Industrie ansässig, z.B. Equinor, Schlumberger oder Baker Hughes. Der Industriepark wurde sozusagen um eine Ölraffinerie und um ein vom norwegischen Energiekonzern Equinor betriebenes Erdgasterminal herum entwickelt. Diese spezielle Kompetenz und die Infrastruktur der Unternehmen in Mongstad boten die besten Voraussetzungen dafür, im Industriepark das weltweit größte Zentrum für Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) zu etablieren: das Technologiezentrum Mongstad.

Internationale Schwergewichte wie Aker Solutions (Norwegen), Alstom SA (Frankreich), Cansolv Technologies (Kanada), Carbon Clean Solutions (Großbritannien/Indien), ION Engineering (USA) und Fluor Corporation (USA) haben ihre CCS-Lösungen in Mongstad getestet. Das OGCI CI Clean Gas-Projekt in Großbritannien und die CO2-Pilotanlage in Haifeng in China ließen sich beim Aufbau ihrer Anlagen und beim Einsatz der Technologien von den Experten des CCS-Technologiezentrums beraten.

Neben Tests und Beratung bezüglich der Abspaltung und Lagerung von CO2 wird in Mongstad auch die Weiterverwendung des abgepaltenen CO2 untersucht: Das Unternehmen CO2Bio beispielsweise hat ein Pilotprojekt zur Nutzung des eingefangenen Kohlenstoffs in der Mikroalgenproduktion gestartet.

Um nachhaltige Industrien in der Region weiterzuentwickeln und Mongstad langfristig zu einem der führenden grünen Industrieparks Europas zu machen, hat die Region das Projekt Greenspot Mongstad ins Leben gerufen. Hier treffen traditionelle Industrien auf neue umweltschonende Technologien. In enger Zusammenarbeit mit seinen Partnern fördert Greenspot Mongstad 28 spezifische Ideen für eine umweltfreundliche und rentable Produktion in Mongstad, beispielsweise die Wasserstoffproduktion oder die Wiederverwendung von Asphalt für Windräder.

Herøya: Innovative Recycling-Lösungen der verarbeitenden Industrie

Im Herøya Industrial Park in der Gemeinde Porsgrunn sind 80 globale und regionale Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie, aus Forschung und Entwicklung und der chemischen Industrie sowie mehrere Dienstleistungsunternehmen ansässig. Seit der norwegische Aluminiumkonzern Norsk Hydro ASA 1929 in Herøya eine Fabrik gründete, hat der Industriepark eine umfassende industrielle Infrastruktur mit großen Kapazitäten für die Produktion von Strom, Gas, Dampf und Wasser aufgebaut.

Einige der Unternehmen auf der Halbinsel Herøya gehören zum Cluster Industrial Green Tech, das sich aus rund einhundert Unternehmen aus drei Industrienetzwerken in der Region Telemark zusammensetzt. Ziel des Industrial-Green-Tech-Clusters ist, die weltweit erste klimapositive Industrieregion zu schaffen. In einer Herøya-Pilotarena haben Unternehmen die Möglichkeit, Forschungsprojekt, neue Technologien oder eine Geschäftsidee in größerem Maßstab in einer Pilotphase zu testen. Dieses Angebot des Industrieparks hat dazu geführt, dass Kompetenz und Infrastruktur von Herøya aktiv genutzt wurden, um mehrere erfolgreiche Pilotprojekte in der Kreislaufwirtschaft aufzubauen.

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Zu den interessantesten Vorhaben gehört eine von REEtec entwickelte neue Technologie zur Herstellung hochreiner seltener Erden (REE), mit der diese Erden aus Phosphatrohstoffen extrahiert werden. Das Unternehmen hat die Funktionsfähigkeit seiner Technologie durch die erfolgreiche Durchführung einer Piloteinheit unter Beweis gestellt und jetzt eine Demo-Anlage im industriellen Maßstab im Industriepark Herøya in Betrieb genommen.

Der norwegischen Düngemittelgigant Yara in Porsgrunn, Nachbar von REEtech im Industriepark Heroya, verarbeitet jährlich 650.000 Tonnen Phosphatgestein. Dieser Grundstoff erhält Elemente seltener Erden. Damit diese wertvollen Stoffe nicht im Dünger landen, wo sie keinerlei Funktion haben, haben sich REEtech, das Forschungsinstitut SINTEF und Yara im EU-Forschungs- und Innovationsprojekt SecREEts zusammengetan, um die Abspaltung der seltenen Erden im industriellen Maßstab zu starten. Andere führende europäische Unternehmen im Bereich Seltener Erden beteiligen sich an diesem Vorhaben, unter anderem das deutsche Unternehmen Vacuumschmelze (VAC), Hersteller magnetischer Legierungen aus Hanau. Unterstützung erhalten die Akteure aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon 2020. Schließlich haben seltene Erden für die Europäische Union eine strategische Bedeutung.

Herøya ist außerdem eine Brutstätte für vielversprechende Projekte zum Recycling von Asche, dem Reststoff aus der Müllverbrennung. Das Unternehmen NORSEP hat eine Technologie entwickelt, mit der kommerzielle Rohstoffe aus Flugasche gefiltert werden können. Das reduziert auf der einen Seite die Umweltbelastung und stellt auf der anderen Seite Ressourcen für die industrielle Produktion bereit. Darüber hinaus errichtet das Entsorgungsunternehmen NOAH in Herøya eine Anlage zur Rückgewinnung von Salzen aus Flugasche, die sowohl von Yara als auch von INOVYN genutzt werden soll. Nach Angaben von NOAH kann die Anwendung dieser Technologie in der Praxis die Menge gefährlicher Abfälle, die normalerweise auf Deponien landen, um mehr als 20 Prozent reduzieren. Eine vollständige Verarbeitungsanlage mit Energie- und Salzrückgewinnung soll bis 2024 in Herøya fertiggestellt sein.

Die jüngste Investition im Industriepark Herøya ist zwar nicht unmittelbar mit der Kreislaufwirtschaft verbunden, trägt aber wesentlich zur Erreichung der Klimaziele Norwegens bei. Der norwegische Hydrogen-Spezialist Nel ASA hat sich ein 15.000-Quadratmeter-Grundstück als neuen Standort für die geplante Erweiterung der Produktionskapazität von alkalischen Elektrolyseuren gesichert. Anfänglich soll die Produktionskapazität 360 MW/Jahr betragen. Nel prüft derzeit auch Möglichkeiten, eine noch fortschrittlichere Produktionslinie und ein noch fortschrittlicheres Herstellungsverfahren zu entwickeln, mit denen die Kapazität deutlich über 1 GW hinaus gesteigert werden kann.